Inhalt der Printausgabe

Mai 2006


Humorkritik
(Seite 7 von 8)

Gefangengenommene Entwicklung
Wenn Dirk Bach in Interviews verkündet, statt des bevorstehenden Sportübertragungsmarathons im Fernsehen sich lieber die DVDs der amerikanischen Fernsehserie »Arrested Development« anzusehen, so sagt er Vernünftiges. Denn dies sollten ihm nicht nur Sportmuffel nachtun, da die Serie, die mangels Zuschauerinteresse seit den Anfängen vor der Absetzung stand, wohl aus genau diesem Grund nie ins deutsche Fernsehen gelangen wird. Ihre zahlreichen Preise (bei den letztjährigen Emmys waren etwa in der Sparte »Bestes Drehbuch einer Comedyserie« fast ausschließlich »Arrested«-Folgen nominiert) hat sie trotzdem wohlverdient.
Formal handelt es sich um einen weiteren Versuch, die sterbende amerikanische Sitcom zu retten, indem man sich der Altlasten wie etwa Bandlacher, steriler Studiokulissen oder immer beim Ursprungszustand beginnender Episodenhandlungen entledigt – ähnlich wie bei der wesentlich jugendlicheren, bemühter auf Massenpublikum zielenden Serie »Scrubs«. Vor allem der Einbau von Rückblenden und Querverweisen, die aufmerksame Behandlung von Nebenaspekten und -charakteren und Spielereien mit der Metaebene sind von Zeichentrickserien à la »Simpsons« inspiriert.
Inhaltlich dreht sich alles um die »Bluths«, eine Familie der Oberschicht, aus der sie ständig zu fallen droht. Der amerikanische Traum (der Vater hat aus einem »Frozen Banana«-Stand ein ganzes Immobilien-Imperium erschaffen) besteht unübersehbar aus Lug und Betrug, weshalb das Familienoberhaupt ab der ersten Folge entweder im Knast sitzt oder sich auf der Flucht befindet. Das einzige Familienmitglied, das wenigstens etwas Kompetenz und Integrität besitzt, Sohn Michael, ist nun gezwungen, den Laden irgendwie zusammenzuhalten.
Dabei muß er sich mit seinem Sohn, seiner kühlen intriganten Mutter, seinen Brüdern, dem geltungssüchtigen erfolglosen Magiker Gob und dem größten Muttersöhnchen aller Zeiten, Buster, sowie seiner dekadenten, beziehungsunfähigen Schwester und deren Familie herumschlagen. Die besteht aus einer Tochter und einem deutlich schwulen Gatten, der dies beständig leugnet und z.B. erstaunt von seinem beruflichen Scheitern als »Analyst« und »Therapist« zu berichten weiß, was die Visitenkarte, die die Berufsbezeichnung »Analrapist« ziert, trefflich dokumentiert.
Die Figuren sind allesamt hervorragend besetzt, wie überhaupt das Überleben bis zur dritten Staffel nur vom prominenten und einflußreichen Produktionsteam gesichert wurde, dem u.a. der »A Beautiful Mind«-Regisseur Ron Howard angehört, der auch den Erzähler gibt. Aber selbst Starauftritte wie etwa der prima eindrucksvolle von Liza Minelli in der ersten Staffel haben die Show nicht retten können; womit eine der interessantesten amerikanischen Sitcoms verknackt worden ist.




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Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Aaaaah, Bestsellerautor Maxim Leo!

In Ihrem neuen Roman »Wir werden jung sein« beschäftigen Sie sich mit der These, dass es in nicht allzu ferner Zukunft möglich sein wird, das maximale Lebensalter von Menschen mittels neuer Medikamente auf 120, 150 oder sogar 200 Jahre zu verlängern. Grundlage sind die Erkenntnisse aus der sogenannten Longevity-Forschung, mit denen modernen Frankensteins bereits das Kunststück gelang, das Leben von Versuchsmäusen beträchtlich zu verlängern.

So verlockend der Gedanke auch ist, das Finale der Fußballweltmeisterschaft 2086 bei bester Gesundheit von der heimischen Couch aus zu verfolgen und sich danach im Schaukelstuhl gemütlich das 196. Studioalbum der Rolling Stones anzuhören – wer möchte denn bitte in einer Welt leben, in der das Gerangel zwischen Joe Biden und Donald Trump noch ein ganzes Jahrhundert so weitergeht, der Papst bis zum Jüngsten Gericht durchregiert und Wladimir Putin bei seiner Kolonisierung auf andere Planeten zurückgreifen muss? Eines will man angesichts Ihrer Prognose, dass es bis zum medizinischen Durchbruch »im besten Fall noch 10 und im schlimmsten 50 Jahre dauert«, ganz bestimmt nicht: Ihren dystopischen Horrorschinken lesen!

Brennt dann doch lieber an beiden Enden und erlischt mit Stil: Titanic

 Kurz hattet Ihr uns, liebe Lobos,

Kurz hattet Ihr uns, liebe Lobos,

als Ihr eine Folge Eures Pärchenpodcasts »Feel the News« mit »Das Geld reicht nicht!« betiteltet. Da fragten wir uns, was Ihr wohl noch haben wollt: mehr Talkshowauftritte? Eine Homestory in der InTouch? Doch dann hörten wir die ersten zwei Minuten und erfuhren, dass es ausnahmsweise nicht um Euch ging. Ganz im Sinne Eures Formats wolltet Ihr erfühlen, wie es ist, Geldsorgen zu haben, und über diese Gefühle dann diskutieren. Im Disclaimer hieß es dann noch, dass Ihr ganz bewusst über ein Thema sprechen wolltet, das Euch nicht selbst betrifft, um dem eine Bühne zu bieten.

Ihr als Besserverdienerpärchen mit Loft in Prenzlauer Berg könnt ja auch viel neutraler und besser beurteilen, ob diese Armutsängste der jammernden Low Performer wirklich angebracht sind. Leider haben wir dann nicht mehr mitbekommen, ob unser Gefühl, Geldnöte zu haben, berechtigt ist, da wir gleichzeitig Regungen der Wohlstandsverwahrlosung und Realitätsflucht wahrnahmen, die wir nur durch das Abschalten Eures Podcasts loswerden konnten.

Beweint deshalb munter weiter den eigenen Kontostand: Titanic

 Ach, Taube,

Ach, Taube,

die Du in Indien wegen chinesischer Schriftzeichen auf Deinen Flügeln acht Monate in Polizeigewahrsam verbracht hast: Deine Geschichte ging um die Welt und führte uns vor Augen, wozu die indische Fashion-Polizei fähig ist. Aufgrund Deiner doch sehr klischeehaften Modetattoos (chinesische Schriftzeichen, Flügel) fragen wir uns aber, ob Du das nicht alles inszeniert hast, damit Du nun ganz authentisch eine Träne unter dem Auge oder ein Spinnennetz auf Deinem Ellenbogen (?) tragen kannst!

Hat Dein Motiv durchschaut: Titanic

 Eine Frage, Miriam Meckel …

Im Spiegel-Interview sprechen Sie über mögliche Auswirkungen künstlicher Intelligenz auf die Arbeitswelt. Auf die Frage, ob die Leute in Zukunft noch ihr Leben lang im gleichen Beruf arbeiten werden, antworten Sie: »Das ist ja heute schon eher die Ausnahme. Ich zum Beispiel habe als Journalistin angefangen. Jetzt bin ich Professorin und Unternehmerin. Ich finde das toll, ich liebe die Abwechslung.« Ja, manchmal braucht es einfach einen beruflichen Tapetenwechsel, zum Beispiel vom Journalismus in den Fachbereich Professorin! Aber gibt es auch Berufe, die trotz KI Bestand haben werden? »Klempner zum Beispiel. Es gibt bislang keinen Roboter mit noch so ausgefeilter KI auf der Welt, der Klos reparieren kann.«

Das mag sein, Meckel. Aber was, wenn die Klempner/innen irgendwann keine Lust mehr auf den Handwerkeralltag haben und flugs eine Umschulung zum Professor machen? Wer repariert dann die Klos? Sie?

Bittet jetzt schon mal um einen Termin: Titanic

 Wieso so eilig, Achim Frenz?

Wieso so eilig, Achim Frenz?

Kaum hast Du das Zepter im Kampf um die Weltherrschaft der Komischen Kunst auf Erden in jüngere Hände gelegt, da schwingst Du Dich nach so kurzer Zeit schon wieder auf, um in den höchsten Sphären für Deine Caricatura zu streiten.

Mögest Du Dir auch im Jenseits Dein beharrliches Herausgeber-Grummeln bewahren, wünscht Dir zum Abschied Deine Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Bilden Sie mal einen Satz mit Distanz

Der Stuntman soll vom Burgfried springen,
im Nahkampf drohen scharfe Klingen.
Da sagt er mutig: Jetzt mal ehrlich –
ich find Distanz viel zu gefährlich!

Patrick Fischer

 Wenn beim Delegieren

schon wieder was schiefgeht, bin ich mit meinen Lakaien am Ende.

Fabio Kühnemuth

 Einmal und nie wieder

Kugelfisch wurde falsch zubereitet. Das war definitiv meine letzte Bestellung.

Fabian Lichter

 Kehrwoche kompakt

Beim Frühjahrsputz verfahre ich gemäß dem Motto »quick and dirty«.

Michael Höfler

 Treffer, versenkt

Neulich Jugendliche in der U-Bahn belauscht, Diskussion und gegenseitiges Überbieten in der Frage, wer von ihnen einen gemeinsamen Kumpel am längsten kennt, Siegerin: etwa 15jähriges Mädchen, Zitat: »Ey, ich kenn den schon, seit ich mir in die Hosen scheiße!«

Julia Mateus

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
19.04.2024 Wuppertal, Börse Hauck & Bauer
20.04.2024 Eberswalde, Märchenvilla Max Goldt
20.04.2024 Itzehoe, Lauschbar Ella Carina Werner
24.04.2024 Trier, Tuchfabrik Max Goldt